Initiative 2000plus in Bayern

Hintergrund

Fakten und Zahlen 

Daten zur Papierproduktion

Holz besteht zu 40-45% aus der begehrten Zellulose und zu 55-60% aus Kittsubstanzen wie Lignin und Hemizellulose. Durch ein energie-, wasser- und chemikalienaufwendiges Kochverfahren werden die "verkitteten" Fasern auseinandergerissen und als reine Zellulose gewonnen (1).

Für die Herstellung von einer Tonne Zellstoff werden 2,2 bis 2,5 Tonnen Holz verbraucht. Das entspricht 5 bis 7 Kubik- oder Festmetern. Je nach Aufschlussverfahren werden für eine Tonne Papier 1,2 Tonnen (Holzschliff) bis 3 Tonnen (hochreiner Zellstoff) Holz verbraucht (2).

Eine durchschnittliche Fichte aus schwedischen Durchforstungen hat ein Volumen von 0,15 cbm. Daraus sind ca. 67 kg Frischfasern (Trockensubstanz) zu gewinnen, die für 73 kg Zeitungspapier mit einem Feuchtgehalt von 10 % reichen. Druck und Verarbeitung führen zu Ausschüssen von 7 kg, so dass 66 kg Zeitungen zu den Lesern gelangen. Das sind rund 560 Stück zu je 24 Seiten mit je 120 g. Werden diese Fasern - wie die Praxis zeigt - noch 1,8 mal recycelt, können schließlich aus der Fichte 1.560 Zeitungen hergestellt werden (3).

Laut World-Watch-Institut wird für die Herstellung von einer Tonne Papier wird die gleiche Menge an Energie verbraucht wie bei der Herstellung von einer Tonne Stahl (4).

Im Detail:
Nach Angaben der Fa. Valmet (Quelle: APR 1/99 S. 18) beträgt der aktuelle Ressourcenverbrauch pro Tonne Papier:

Etwa ein Fünftel aller weltweiten Holzvorräte enden heute in Papiermühlen (5).

Für den gesamten Papierverbrauch pro Jahr in Deutschland sind 50 Mio. cbm Holz nötig. Der gesamte jährliche Holzeinschlag in Deutschland selbst liegt bei 40 Mio. cbm, davon 10 Mio. cbm für die Papierherstellung (6). Es errechnet sich eine Bedarfsdeckung von nur 20% für den inländischen Papierverbrauch und ein Importbedarf in Höhe von 80 %. Den größten Anteil deckt Schweden, es folgen Kanada und Finnland (7).

Deutschland ist weltweit zweitgrößter Zellstoffimporteur8.

Die Preise für Zellstoff sind 1999 um 60 bis 80 Prozent gestiegen und lagen im Jahr 1999 bei 710 US-$ (Oktober 2000, Oktober 1999: 560 US-$) pro Tonne. Zwischen Altpapier und Zellstoff klaffte eine Preisschere von ca. 10 - 20 Prozent.

Gemischte Altpapiere Sorte: B 12 pro Tonne 140,00 DM bis 160,00 DM
Deinking-Ware (schon sortiert, D 39) 220,00 DM bis 240,00 DM

Im Jahr 2000:
Gemischte Altpapiere Sorte: B 12 pro Tonne 80,00 DM bis 85,00 DM
Deinking-Ware (schon sortiert, D 39) 145,00 DM bis 155,00 DM



Daten zum Papierverbrauch

1974 wurden weltweit 8,7 Mio. Tonnen Papier verbraucht, 1999 sind es allein in Deutschland 17,5 Mio. Tonnen (9).

Seit 1950 ist der weltweite Papierbedarf um mehr als das Sechsfache gestiegen.

1999 wurden in Deutschland pro Person durchschnittlich 214,6 kg Papier verbraucht, 1950 waren es 32,2 kg (10).

Der Konsum ist von großem Ungleichgewicht gekennzeichnet. Während Industrienationen im Durchschnitt mit 164 kg Papierverbrauch pro Kopf und Jahr aufwarten, kommen die Menschen in sogenannten Entwicklungsländern auf nur 18 kg pro Person und Jahr. Leistet sich ein US-Amerikaner an der Spitze 335 kg, so muss sich ein indischer Staatsbürger mit gerade mal 4 kg Papier pro Jahr begnügen (11).

Ein Kind in Deutschland hat an seinem ersten Geburtstag bereits die selbe Menge an Papierprodukten verbraucht wie ein Mensch in Indien nach 57 Jahren.

80 Prozent der Weltbevölkerung verbraucht weniger als 30 bis 40 Kilogramm pro Person und Jahr (12), in Deutschland werden mehr als 200 Kilogramm pro Jahr verbraucht.

Allein der Zuwachs an Papierverbrauch des Jahres 1999 in Deutschland (3% oder 525.000 t) (13) ist größer als der Gesamtverbrauch auf dem gesamten afrikanischen Kontinent. Im laufenden Jahr 2000 ist eine Steigerung um fast 10 Prozent zu befürchten.

Pro Einwohner wird in Deutschland 800 g Holz pro Tag für die Papierproduktion benötigt. Bei dem Papierverbrauch von aktuell 600 g pro Tag errechnet sich dieses Maß wie folgt:



Daten zur Altpapiersammlung

Gesammelt werden in Deutschland ca. 12,88 Mio. Tonnen Altpapier, davon werden fast 4 Mio. Tonnen exportiert, 1 Mio. Tonnen Altpapier besserer Qualität werden importiert (Qualitätstausch: schlechte Qualitäten raus, gute rein) (14). Nachdem aufgrund mangelnder Altpapiernachfrage und in der Folge wegen verstopfter Verwertungswege seit 1996 Ausgleichszahlungen von den sammelnden Kommunen an die Entsorger fließen mussten, werden heute bei der Altpapiervermarktung wieder enorme Gewinne erzielt. Grund hierfür ist nicht etwa eine stärkere Nachfrage nach Produkten aus Recyclingpapier im Inland, sondern der stark wachsende Markt im asiatischen Raum. Unser Altpapier wird zum begehrten Exportartikel. Wachsende Bevölkerungszahlen, die zunehmende Alphabetisierung und steigender Lebensstandard kurbeln den Papierverbrauch in den Schwellenländern an. Der weltweite Papierbedarf von 270 Mio Tonnen um das Jahr 2000 wird sich aller Voraussicht nach auf nahezu 420 Millionen bis zum Jahr 2010 erhöhen. In Asien besteht dabei eine Unterversorgung an Zellstoff, ähnlich wie in Mittel- und Südeuropa wird diese durch Importe aus Kanada und Skandinavien ausgeglichen. Im südlichen China sowie in Indonesien investieren westliche Papierfabriken in Plantagenwälder (15).

Die aktuelle durchschnittliche Altpapiereinsatzquote in Deutschland liegt bei 61,3 Prozent. Während sie bei Verpackungsmaterialien 97 Prozent und bei Zeitungspapier 117 Prozent erreicht, liegt sie bei den graphischen Papieren (außer Zeitungen) bei gerade mal 16 Prozent (16).

Achtung: Während bei der Papierproduktion der Altpapieranteil zwar bei über 60 Prozent liegt (Altpapiereinsatzquote), bewegt er sich bei der Papierverbrauchsmenge, also der Mischung aus inländischer Produktion und Papierfertigimporten nur noch bei 40 Prozent. Grund ist die Einfuhr großer Mengen Frischfaserpapiere.

Papierrecycling: Die theoretisch erreichbare Umlaufzahl von 6 bis 7 wird in Deutschland bei weitem nicht erreicht, sondern liegt gerade mal bei 1,5 bis 2 Umläufen.



Daten zu Schulmaterialien

Schulmaterialien zählen zu den Graphischen Papieren, die mittlerweile mehr als 50 Prozent des Gesamtpapierverbrauchs ausmachen, Tendenz steigend.

In Deutschland werden jährlich 200 Millionen Schulhefte verkauft (17). Das entspricht einer Menge von 16.000 Tonnen Papier. Zuzüglich Spiralblöcken (20.000 t) sowie Nebenprodukten erreichen wir in Deutschland insgesamt eine Menge von 50.000 - 60.000 Tonnen Schulmaterialien pro Jahr. Von dieser Gesamtmenge machen Recyclingpapiere weniger als 10 Prozent aus, 1990/91 hielten sie noch 30-70 Prozent (Nord-Süd-Gefälle)

Schulhefte mit dem Umweltzeichen müssen zu 100 Prozent aus Altpapier hergestellt sein, davon zu 51 Prozent aus Unteren Papiersorten (minderwertiges Papier aus Haushaltssammlungen, das seit jeher am schlechtesten absetzbar ist).



Daten zum Wald

Der Löwenanteil der Rohstoffe für die Frischfaserherstellung kommt aus dem Ausland, vor allem aus den nordischen Wäldern. Mit jährlich 817.600 Tonnen Zellstoff, das sind 21,4 Prozent des Gesamtimportes, ist Kanada nach Schweden Deutschlands zweitgrößter Rohstofflieferant (18).

Kanada ist mit über 8 Millionen Tonnen Zellstoff das größte Exportland der Welt (19). Kanadas berühmte Urwälder werden kahl geschlagen, einzigartige Ökosysteme unwiederbringlich zerstört.

Wer den selbst kreierten Firmenlabeln der Papierindustrie "Weltpark Tropenwald" und "Aqua pro natura" Glauben schenkt, wird aufs Glatteis geführt. Die nordischen Urwälder sind ganz offensichtlich nicht schützenswert für die Papierindustrie und über Umwege fallen auch die tropischen Urwälder der Papierherstellung zum Opfer. Urwälder in Brasilien (20) und Indonesien werden abgeholzt bzw. niedergebrannt, um schnell wachsende Monokulturen anzupflanzen. 29 Prozent des Papierzellstoffs stammt mittlerweile aus Eukalyptus- und Akazienplantagen (21).

10 Prozent des Bundesgebietes würden benötigt um den inländischen Papierverbrauch mit einheimischen Wäldern zu decken (22).

Die Waldfläche in Deutschland beträgt insgesamt 10,7 Mio. Hektar, das sind 30 Prozent der Gesamtfläche (23).





1 ANU, Band 7, Friederike Farsen, Petra Wiemann-Schmidt, Jupp Trauth, Recyclingpapier... woher und wohin..., November 1997
2 ANU, Band 7, Friederike Farsen, Petra Wiemann-Schmidt, Jupp Trauth, Recyclingpapier... woher und wohin... November 1997
3 Bsp. aus Springer/Stora/Canford für Holzschliff (S.20)
4 World Watch Paper 149; PaperCuts: Recovering the Paper Landscape, Dezember 99
5 World Watch Paper 149; PaperCuts: Recovering the Paper Landscape, Dezember 99
6 ANU, Band 7, Friederike Farsen, Petra Wiemann-Schmidt, Jupp Trauth, Recyclingpapier... woher und wohin... November 1997
7 vdp, Papier '99 Ein Leistungsbericht
8 ANU, Band 7, Friederike Farsen, Petra Wiemann-Schmidt, Jupp Trauth, Recyclingpapier... woher und wohin..., November 1997
9 Bvse-Geschäftsbericht 1999 Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. 10 vdp, Papier '99 Ein Leistungsbericht
11 World Watch Paper 149; PaperCuts: Recovering the Paper Landscape, Dezember 99
12 World Watch Paper 149; PaperCuts: Recovering the Paper Landscape, Dezember 99
13 vdp, Papier '99 Ein Leistungsbericht
14 Bvse-Geschäftsbericht 1999 Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V.
15 Paper News - Nachrichten und Meinungen zum Thema Papier - Beilage zu Stern, der Spiegel, Focus, HÖRZU, TV Hören und Sehen, Die Woche, Ausgabe 1999
16 vdp, Papier '99 Ein Leistungsbericht
17 Auskunft von Paul Königsmann, Venceremos Schulbedarfhersteller
18 vdp, Papier '99 Ein Leistungsbericht
19 Greenpeace, Gute Gründe für Recyclingpapier zu benutzen 2/2000
20 Bolius, Uwe, Landnahme - Eukalyptus - Monokulturen in Brasilien, 1998
21 Greenpeace, Gute Gründe für Papier 2/2000
22 Jupp Trauth, Arbeitshilfe und Materialsammlung zum Film: Das schmutzige Geschäft mit dem weißen Papier, Oktober 2000
23 ANU, Band 7, Friederike Farsen, Petra Wiemann-Schmidt, Jupp Trauth, Recyclingpapier... woher und wohin..., November 1997


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Weiterführende Informationen über Einsatz von Recyclingpapier gibt es auf der Website http://www.treffpunkt-recyclingpapier.de der überregionalen Initiative 2000plus, deren bayerischen Aktivitäten Pro REGENWALD koordiniert.