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Hintergrund

Anstieg des Papierverbrauchs
Worldwatch-Institut fordert Senkung des Papiereinsatzes

Mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift Müllmagazin; Rhombos-Verlag;
Quelle: Müllmagazin 4/99

Washington. US-Experten haben vor schweren ökologischen Schäden durch den zunehmenden Papierkonsum gewarnt. 1997 sei weltweit mit knapp 300 Millionen Tonnen sechsmal so viel Papier verbraucht worden wie 1950, heißt es in einer Studie (Paper Cuts: Recovering the Paper Landscape) des Washingtoner Worldwatch Institutes, die am 10. Dezember 1999 vorgelegt worden ist. Die pro Kopf gesehen größten 'Papierfresser' seien die USA, Japan und Deutschland.

Wie die AutorInnen der Studie, die Wissenschaftlerinnen Janet Abramovitz und Ashley Mattoon von Worldwatch Institut darlegten, geht ein Fünftel der weltweiten Holzernte in die Papierherstellung. 2 bis 3,5 Tonnen Holz würden benötigt, um eine Tonne Papierbrei zu erzeugen. Der Studie zufolge ist die Papierindustrie der fünftgrößte industrielle Energieverbraucher weltweit und benötigt für eine Tonne Produkteinheit ebensoviel Energie wie die Eisen- und Stahlindustrie. In manchen Staaten, die USA eingeschlossen, würde Papier fast 40 Prozent des Siedlungsabfalls ausmachen. Darüber hinaus verbraucht die Papierherstellung mehr Wasser pro Tonne als jedes andere Produkt in der Welt und trage erheblich zur Luft- und Wasserverschmutzung bei.

Wie Abramovitz erläuterte, könnte der Verbrauch von Papier weltweit um rund die Hälfte verringert werden. Möglich wäre dies durch eine Einschränkung des Papierverbrauchs in den Industriestaaten kombiniert mit einer Optimierung der Papierherstellung und einem vermehrten Einsatz von Recyclingpapier sowie von Holz-Ersatzstoffen. Mit den entsprechenden Maßnahmen könnten die Auswirkungen des Papierverbrauchs auf die Wälder und damit gleichzeitig der Energieverbrauch, die Luft- und Wasserverschmutzung und die Abfallentstehung entscheidend reduziert werden. Unternehmen wie die Bank von Amerika, United Parcel Service und Proctor and Gamble hätten zudem erkannt, dass man mit Papiersparen zugleich Geld sparen könnte.

Den AutorInnen zufolge könnten Papierhersteller bewährte und profitable Methoden anwenden, mit denen der Energieverbrauch und die Verschmutzung verringert werden könnten. Papierhersteller könnten außerdem den Einsatz von Holzfaser-Ersatzstoffen erhöhen, indem sie beispielsweise Abfälle aus der Landwirtschaft verwendeten, die derzeit vielerorts noch verbrannt würden.

Gleichzeitig ließen sich dadurch der Einsatz von Chemikalien und die Nachfrage nach Faserstoffen verringern, sagte Mattoon. In ihrer Studie empfehlen die AutorInnen, bei der Fasergewinnung vermehrt Produkte wie Stroh anstelle von Holz einzusetzen, und den Anteil von Recyclingpapier von derzeit 38 % auf 60 % zu steigern. Obwohl sich das Volumen an Recyclingpapier seit 1997 verdreifacht habe, so die AutorInnen, würden rund 57 % des benutzen Papiers nicht recycelt.

Mit der starken Zunahme des Papierverbrauchs und dem damit verbundenen Gesamtvolumen der Papierabfälle habe das Recycling bei weitem nicht Schritt halten können. Jedes Jahr würden in den USA mehr Papiermengen auf die Deponien gelangen als der, gemessen an der Gesamtmenge zweitgrößte Papierkonsument, die Volksrepublik China, in einem Jahr verbrauche.

Wie die AutorInnen ausführlich darlegten, würde ein Anstieg der Wiederverwendung von Recyclingpapier enorme Vorteile für Umweltschutz und Wirtschaft bieten. Recycling und Produktoptimierung könnten den Unternehmen darüber hinaus helfen, Geld zu sparen. So habe der Industriemulti Procter and Gamble es innerhalb kurzer Zeit geschafft, die Verpackungskosten pro Produkt um 24 % zu senken.

Da den AutorInnen zufolge fast die Hälfte des weltweit erzeugten Papiers für Verpackungszwecke verwendet wird, wären diese Einsparungen sehr bedeutend. Abramovitz verwies darauf, dass Versandunternehmen wie Airborne, UPS, FedEx, und der U.S. Postal Service für Umschläge und Schachteln bereits zu 50 bis 100 % Recyclingpapier einsetzen und zunehmend auf gebleichtes Papier verzichten würden. Am Beispiel von UPS, des größten Paketdienstes des Landes, der über drei Milliarden Paket pro Jahr versende, so Abramovitz, werde das Potential deutlich.

Den AutorInnen zufolge ist der Anstieg des Papierverbrauchs auch auf den technischen Fortschritt zurückzuführen. Computer, Faxgeräte, Hochgeschwindigkeitsdrucker und Kopiergeräte würden den Ausstoß großer Mengen an Papier ermöglichen. In den Vereinigten Staaten verbrauche ein Büroangestellter im Durchschnitt 12.000 Blatt Papier im Jahr. Unter den Hauptverwendungsarten verursachen Abramovitz zufolge Druck- und Briefpapier die größten Umweltbelastungen und verzeichnen weltweit den schnellsten Zuwachs.

'Obwohl sich das papierlose Büro, das zu Beginn des Computerzeitalters in den 70er Jahren vorhergesagt worden war, nicht verwirklichte, gibt es klare Möglichkeiten für ein papierarmes Büro', sagte Abramovitz. Mit Online-Berichten und -Formularen, eMail- Versand, doppelseitigem Kopieren und dünnerem Papier habe beispielsweise die Bank of America, die größte Bank des Landes, den Papierverbrauch um 25 % innerhalb von zwei Jahren reduzieren können. Die Bank führe außerdem 61 % des gebrauchten Papiers dem Recycling zu und spare hierdurch rund eine halbe Million Dollar Entsorgungskosten im Jahr. Unternehmen, die zum Beispiel ihre Bestellungen oder Rechnungen über das Internet abwickelten, können laut Abramovitz durch Verringerung von Papierverbrauch, Arbeitskosten und Zeitaufwand bis zu 5 US $ pro Blatt Papier sparen.

Die AutorInnen stellten ein großes Ungleichgewicht beim Zugang zu Papier fest. Die USA, mit weniger als 5 % Anteil an der Weltbevölkerung verbraucht demzufolge 30 % des weltweit erzeugten Papiers. Jedes Jahr würden die Industrieländer im Durchschnitt 164 Kilogramm pro Person verbrauchen, während auf die Entwicklungsländer 18 Kilogramm pro Person entfallen (USA 335 kg/Person/Jahr, Japan 249 kg/Person/Jahr, Deutschland 192, Brasilien 39, China 27, Indien 4). Dennoch wachse der Papierverbrauch auch in einigen Entwicklungsländern rapide an: Zwischen 1980 und 1997 hat sich der Studie zufolge der Verbrauch in Indonesien mehr als versiebenfacht, in China verfünffacht und in Süd-Korea und Thailand mehr als vervierfacht.

Rund 80 % der Weltbevölkerung, so die Studie, verbrauchen weniger als 30 bis 40 Kilogramm pro Person und Jahr. Der größte Teil davon, so die AutorInnen, die sich hierbei auf einen Bericht der Umweltorganisation der Vereinten Nationen (UNEP) beziehen, sei notwendig für den Zugang zu grundlegender Literatur und für Kommunikationsbedürfnisse. Um diese Zahlen zu verdeutlichen, nannten die AutorInnen ein Beispiel: Ein Kilogramm Papier entspricht demnach annähernd zwei Ausgaben der New York Times. 'Wenn die Industrieländer ihren Papierverbrauch um 30 % zurückfahren würden, eine Zahl, die größtenteils allein durch Sparsamkeit erreicht werden könnte, würde der weltweite Verbrauch fallen, und der Verbrauch der Entwicklungsländer könnte an die Grundbedürfnisse herangeführt werden, ohne dass zusätzlich die schwerwiegenden ökologischen Belastungen erhöht würden', so das Resümee der AutorInnen.

Der Worldwatch-Bericht kamm zum Preis von 5 US $ über das Internet (http://www.worldwatch.org/pubs/paper/149.html) als PDF-Version heruntergeladen oder in Papierform (ISBN 1-878071-50-5) beim Worldwatch Institute bestellt werden.

Kontakt:
Worldwatch Institute, 1776 Massachusetts Ave NW, Washington, DC 20036, USA,
Tel.: 001-202452-1999, Fax: 001-202296-7365, eMail: worldwatch@worldwatch.org,
Web: www.worldwatch.org.
(Quelle: Abfallwirtschaftlicher Informationsdienst, 6/99)



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Weiterführende Informationen über Einsatz von Recyclingpapier gibt es auf der Website http://www.treffpunkt-recyclingpapier.de der überregionalen Initiative 2000plus, deren bayerischen Aktivitäten Pro REGENWALD koordiniert.